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Konstruktions- und Bewegungsstudien

Konstruktions- und Bewegungsstudien

Eine der ersten figürlich gestalteten Blätter des Levezow-Albums stellen eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kunstbüchlein von Heinrich Lautensack (1522-1568) dar: Des Circkels vnnd Richtscheyts/auch der Perspectiva/und Proportion der Menschen vnd Rosse/kurtze doch gründtliche underweisung/ deß rechten gebrauchs erschien 1564 im Verlag von Sigmund Feyerabend in Frankfurt am Main. (Link)
Eine zweite Ausgabe erfolgte postum 1618, die im 17. Jahrhundert weit verbreitet war.

Lautensack orientiert sich an Albrecht Dürers zu Beginn des 16. Jahrhunderts aufgestelltem Lehrkanon: Wie Dürer in seinen theoretischen Schriften ausführt, sind Geometrie, Perspektive und Proportion die Grundlagen für jeden, der künstlerisch tätig sein möchte. In Abgrenzung zu Dürer versteht Lautensack sein Werk jedoch als leichter zugänglich und möchte vor allem für die „jugent“ verständlich sein. Lautensacks Lehrbuch ist äußerst didaktisch aufgebaut und ermöglicht dem künstlerischen Nachwuchs einen leichten Einstieg in den Aufbau des menschlichen Körpers und seine Bewegungsmöglichkeiten. Aus diesem Grunde vertraut Lautensack auf eine Darstellungsweise, die an Strichmännchen mit Gelenken erinnert und an der zeitgenössisch im Werkstattbetrieb verwendeten Gliederpuppe orientiert ist. [1] Diese Darstellungsweise der Figuren erlaubt es, Ursache und Wirkung des menschlichen Bewegungsapparates zu illustrieren. Zudem verwendet Lautensack vereinfachte anatomische Darstellungen bzw. Skelette sowie in kubische Formen überführte Körper.

Joachim Etzekiel Levezow überspringt offenbar die ersten Seiten in Lautensacks Werk, die sich mit der richtigen Handhabung von Zirkel und Richtscheit, mit der Konstruktion von Perspektive sowie mit Proportionsstudien des menschlichen Körpers – Männer, Frauen, Kinder – auseinandersetzen. Erst auf Seite 46 beginnt Levezow, nach den Darstellungen von Lautensack zu zeichnen. Die bei Lautensack ab Seite 51 folgenden Proportionsstudien des Pferdes studiert Levezow offenbar nicht genauer.

Autor:in: Iris Wenderholm

Fußnoten

[1] Maria Heilmann: Kunstbüchlein. Zeichenbücher im 16. Jahrhundert und ihr didaktischer Bildeinsatz, Ludwig-Maximilians-Universität, München 2020, S. 28.