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Bildnisbüste des Nero

Bildnisbüste des Nero

In Folio 42 und 43 recto widmet sich Levezow jeweils einer Zeichnung nach antiken Büsten des römischen Kaisers Nero (37 - 68 n.Chr.) und Marcus Junius Brutus (85 – 42 v. Chr.), römischer Politiker und einer der Mörder Julius Caesars. Beide Blätter sind mit I E L. signiert sowie der Datierung 87 versehen. Als Vorbild lassen sich zwei Druckgraphiken nach Peter Paul Rubens (1577 – 1640) identifizieren, Nero von Paulus Pontius (1603 – 1658) sowie Brutus von Lucas Vosterman (1595–1675). [1] )  ( )

Die beiden Druckgraphiken stammen aus einer Serie von 12 Porträts antiker griechischer und römischer Persönlichkeiten, die Rubens nach antiken Marmorskulpturen, Hermen und Büsten angefertigt haben soll. [2] In der Sammlung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg befinden sich sieben Kupferstiche aus dieser Porträtfolge. ( )

Im Vergleich zur Vorlage fällt sofort auf, dass sich Levezow zwar an den Kupferstichen von Pontius und Vostermann orientiert, seine Zeichnungen im Album jedoch in den Details reduziert. So verzichtet er bei Nero gänzlich auf eine Ausarbeitung von Hintergrund und Sockel und inszeniert die Büste auch nicht vor einer Rundbogennische, wie im Vorbild. Bei Brutus versucht er sich hingegen am Schattenwurf, übernimmt jedoch nicht den schraffierten Hintergrund. Auch die ergänzenden Bildunterschriften der Kupferstiche fehlen bei Levezow. Trotz dieser Abweichungen erprobt er sich in seinen Versionen der Büsten an unterschiedlichen Techniken und Materialien. So wurden die verwendeten Blätter in einem hellen Ockerton grundiert und für die Zeichnungen vornehmlich Pinsel in Rot verwendet, ergänzt durch rote Kreide, Weißhöhungen und Graphit. Bereits Peter Paul Rubens strebte in seinen Zeichnungen zu den Kupferstichen eine Verlebendigung der Antiken an. [3] Durch die Verwendung von mehreren Farb- und Materialkomponenten scheint auch Levezow dieses Ziel zu verfolgen. Bei Brutus wird durch das Zusammenspiel von Rot und Weiß ein Lichteinfall von rechts inszeniert, die Locken, ebenso wie die Iris, heben sich durch das Graphit dunkel von der roten Kreide ab. Bei Nero hingegen nutzt der Künstler das erzhaltige Material auch für Haare und Bart, was im Kontrast zu den auch hier mit Graphit ausgefüllten Augen an einen rothaarigen Kaiser denken lässt. Durch das gezielte Zusammenspiel dieser Komponenten versucht sich Levezow an einer erweiterten Verlebendigung der Bildnisse, welche mehr an Portraitzeichnungen nach lebendem Vorbild als an Zeichnungen nach antiken Büsten denken lässt.

Autor:in: Lina von Waldow

Fußnoten

[1] Vgl. Corpus Rubenianum Ludwig Burchard. An illustrated catalogue raisonné of the work of Peter Paul Rubens, hrsg. Von Nationaal Centrum voor de Plastische Kunsten van de XVIde en de XVIIde eeuw, 27 Bde., London 1968-2021, hier Bd. 23 (1994): Copies after the antique, hrsg. v. Marjon van der Meulen, Bd. II Catalogue, S. 117 f. (Brutus) u. S. 128 – 131 (Nero) sowie Bd. III Plates & Index, Tafeln 188, 189 (Brutus), Tafeln 208, 209, 210, 211 (Nero).

[2] Vgl. dies. Bd. II, S. 115 ff.

[3] Siehe zur Verlebendigung bei Rubens ausführlich: Peter Paul Rubens. Barocke Leidenschaften, Nils Büttner und Ulrich Heinen, Ausst.Kat. Braunschweig, Herzog Anton Ulrich – Museum Braunschweig, München 2004, Ulrich Heinen, (Nr.50), S. 237-240; sowie: Andreas Thielemann, Rubens’s Traktat De imitatione statuarum, in: Ursula Rombach und Peter Seiler (Hrsg.): Imitatio als Transformation. Theorie und Praxis der Antikennachahmung in der frühen Neuzeit, Petersberg 2012, S. 95-150.